Künstler der "Freien Gruppe"

In Bayreuth gab es nach 1945 eine Künstlervereinigung, die sich programmatisch „Freie Gruppe Bayreuth“ nannte. Es lag also nahe, dass das Kunstmuseum Bayreuth sich deren Erforschung widmete. Die Gruppe war 1951 – sicherlich inspiriert vom kulturellen Aufbruch, den die Neuerfindung der Richard-Wagner-Festspiele als „Neubayreuth“ damals auslöste, – von Friedrich Böhme, Sawo Iwanow, Rudolf Jakubek und Ferdinand Röntgen gegründet worden. Sie streckte ihre Fühler weit über die Grenzen von Bayreuth hinaus nach Hof, Bamberg, Kulmbach und Coburg aus und gestaltete die Bayreuther Kunstszene für 30 Jahre bis sie 1981 während der Aufbruchsphase der Universität Bayreuth im neu gegründeten Kunstverein aufging.

Wie viele andere Gruppen war auch diese ein eher loser Zusammenschluss von Künstlern und Künstlerinnen. Manche von ihnen waren vom Krieg Versprengte, andere kehrten nach dem Krieg in ihr zerstörtes Zuhause zurück. Ferdinand Röntgen, Hanna Barth, Felix Müller oder Caspar Walter Rauh waren im Dritten Reich verfemt und verfolgt worden. Andere hatten sich – teilweise in der inneren Emigration – mit dem System arrangiert. Alle fanden sich hier zusammen, um zwischen Trümmern und Neu-Aufbruch künstlerisch und auch wirtschaftlich einen neuen Anfang zu wagen. Ihnen war es nach der nationalsozialistischen Gleichschaltung aller Lebensbereiche endlich (wieder) möglich frei zu malen: Der Name der Gruppe war also Programm. Doch nicht jeder begrüßte die moderne Kunst.

Einige der Künstler hatten eine akademische Ausbildung absolviert: Greiner in München, Böhme und von Waldenfels (später Voith von Voithenberg) bei Albiker in Dresden, Röntgen, Rauh und Rossow u.a. in Düsseldorf, Zeume bei Molzahn und Dexel in Magdeburg, von Freymann-Knispel bei Tappert in Berlin, Farwick bei Corinth in Berlin, Faust bei Orlik in Berlin, Rauh bei Heuser und Nauen in Düsseldorf. Andere begannen ihr Werk als Autodidakten (s. Text von Beatrice Trost in der ausstellungsbegleitenden Publikation „Die freie Gruppe Bayreuth“, Kunstmuseum Bayreuth 2016).

In der Anfangszeit fanden die Ausstellungen zusammen mit den ersten neuen Richard-Wagner-Festspielen vor allem im Sommer statt. Die Sommer- und Ferienzeit hatte außerdem den Vorteil, dass Schulgebäude Räumlichkeiten für die Ausstellungen boten. Doch wechselten die Ausstellungsorte über die Jahre hinweg immer wieder, je nachdem, welche Räumlichkeiten gerade notdürftig hergerichtet, umgebaut oder restauriert werden konnten. Mit den Ausstellungen wird hier der Wiederaufbau der Stadt Bayreuth unmittelbar erfahrbar. Allerdings war mit den umfangreichen Bautätigkeiten für die Künstler auch eine Chance auf Aufträge im Rahmen der Kunst im öffentlichen Raum verbunden, was einigen von ihnen – wie Beatrice Trost hier ausführt – die Grundlagen für den Lebensunterhalt sicherte.

Die Aufgabe der Gründungsmitglieder bestand vor allem in der Kontaktpflege zwischen den Künstlern, die teilweise verstreut auf dem Land lebten. Legendär sind die Exkursionen von Böhme und Röntgen „mit einem geliehenen Motorrad“, um Künstlerinnen und Künstler der Region zu besuchen und sie für Ausstellungen zu gewinnen. So entwickelte sich ein reger Austausch von Ideen und natürlich auch von Bildern in ganz Oberfranken.

Die meisten Werke sind der gegenständlichen Malerei und einer eher gemäßigten Abstraktion zuzurechnen. Das künstlerische Spektrum der ausgestellten Werke war weit: Es gab zahlreiche expressionistische und viele surreale Bilder. Landschaften, Menschenbilder und Portraits bilden den Hauptanteil der Werke. Immer wieder wurden neben Gemälden Zeichnungen, Aquarellen und gelegentlichen Druckgraphiken auch Keramiken und Holz- bzw. Bronzeskulpturen ausgestellt. In vielen Werken verbinden sich alltägliche Bilder mit mythischen oder religiösen Themen. Wie bei vielen anderen Künstlern der Zeit kann dies als Versuch gedeutet werden, den Kriegserfahrungen und Trümmern die Idee einer überzeitlichen Weltordnung entgegenzusetzen. In der Ausstellung haben wir versucht, dem nachzuspüren. Im Gegensatz zu anderen, dem Informel oder der Konkreten Kunst gewidmeten Künstlergruppen, gab es bei der „Freien Gruppe“ kaum Künstler, die völlig ungegenständliche Bilder schufen. Erst ab den sechziger Jahren breiteten sich dann auf Leinwänden und anderen Bildträgern Farbmateriestrukturen aus.

Schon früh und regelmäßig erwarb die Stadt Bayreuth Werke aus den Ausstellungen für Büros, Flure und Besprechungszimmer. So entstand über die Jahrzehnte hinweg eine kleine, repräsentative Sammlung mit heimischer Kunst. Leider sind nicht mehr alle Werke erhalten. Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das von Barbara Froemel, der Oberfrankenstiftung, der Voith von Voithenberg Stiftung und dem Freundeskreis des Kunstmuseum Bayreuth ermöglicht wurde, hat das Kunstmuseum Bayreuth den Rathausbestand gesichtet und analysiert. Einige der Arbeiten wurden aus konservatorischen Gründen in Museumsobhut geholt, wo sie auch restauriert wurden.

Dank der Dr. Helmut und Constanze Meyer Kunststiftung liegt der Sammlungsschwerpunkt des Kunstmuseum Bayreuth in der klassischen Moderne und in der so genannten „Zweiten Moderne“ nach 1945. Die Caspar Walter Rauh Sammlung und die Werner Froemel Sammlung der Oberfrankenstiftung, die Schenkungen Anton Russ und Herbert Bessel, die Voith von Voithenberg Stiftung, ergänzten diese in den letzten Jahren.

Es war ein wichtiges Anliegen des Museums, das Wirken dieser für die Stadt und ihre Kulturentwicklung so bedeutende Gruppe aufzuarbeiten und zu erforschen, so lange es noch Zeitzeugen oder Angehörige gibt, die uns etwas zu sagen haben.